OEM - Original Equipment Manufacturer

OEM – Definition, Hintergründe und Nutzen

28.02.2022, Experten-Meinung

Was ist OEM?

Die Abkürzung OEM kommt aus dem Englischen und bedeutet „Original Equipment Manufacturer“. Ins deutsche übersetzt bedeutet das „Originalausrüstungshersteller“ oder „Erstausrüster“ (OEM Hersteller). Je nach Branche gibt es unterschiedliche Bedeutungen.

 

OEM im Maschinenbau

Bringt ein Hersteller die von ihm gefertigten Produkte nicht selbst in den Handel, sondern vertreibt sie über ein Händlernetz, ist er ein OEM-Hersteller. Oft werden diese Produkte auch an andere Firmen verkauft, die diese dann unter ihrem Namen weiterverkaufen, eventuell mit leichten Anpassungen.

 

OEM in der Automobilindustrie

In der Automobilindustrie ist es etwas anders: Hier sind die Automobilhersteller selbst OEM, die an der Spitze einer Lieferkette stehen und aus unterschiedlichen Komponenten ein komplett neues Produkt zusammenstellen. Die Komponenten dazu werden wiederum von anderen Herstellern zugeliefert. Die Hersteller der einzelnen Teile, Komponenten und Module sind oft ebenfalls OEM-Hersteller oder werden von solchen beliefert. So ergibt sich eine Lieferantenpyramide mit dem Fahrzeughersteller an oberster Stelle, der von unterschiedlichen Herstellern beliefert wird.
Die Lieferantenkette wird in „Tiers“ eingeteilt, was übersetzt Rang, Ebene oder Stufe bedeutet. So sind direkte Zulieferer oder Systemlieferanten „Tier 1“, während deren Zulieferer als „Tier 2“ bezeichnet werden.

 

OEM in der IT

Auch in der IT gibt es den Begriff „OEM“. In diesem Bereich wird unterschieden zwischen OEM-Software und OEM-Hardware. Dabei ist OEM-Hardware ein von einem Hersteller zusammengebautes Produkt aus einzelnen Komponenten, die unter seinem Namen vertrieben werden. Beispiele sind die Firmen DELL, HP oder Lenovo. Bei OEM-Software handelt es sich um eine Softwareversion, die mit einer bestimmten Hardware zusammen verkauft wird und nur mit dieser Hardware betrieben werden kann. In den meisten Fällen ist der Funktionsumfang dieser OEM-Software eingeschränkt. Auch DS SOLIDWORKS bietet ein OEM Programm an, Informationen dazu gibt es hier.

 

Wo kommt OEM eigentlich her?

Die Herstellung von OEM-Produkten wurde durch die stetig steigende Komplexität von Maschinen, Anlagen und Automobilen notwendig, durch die es praktisch unmöglich wurde, alle Komponenten in einem einzigen Unternehmen fertigen zu lassen. Während im Unternehmen von Henry Ford Anfang des 20. Jahrhunderts noch alle Komponenten selbst gefertigt wurden – und der Kautschuk, der für die Reifenproduktion benötigt wurde, in eigenen Plantagen im brasilianischen Dschungel angebaut wurde – ist das bei modernen Automobilen nicht mehr möglich. Die Komplexität der Produkte steigt ständig und mit ihr auch die Menge an zugekauften Teilen und Modulen. Dies betrifft nicht nur den Automobilbau, sondern alle Branchen.

 

Original-Equipment-Manufacturer

 

Welche Vorteile bietet OEM?

Beim OEM-Hersteller werden die Kosten für Marketing und Vertrieb gesenkt oder fallen komplett weg. Diese Bereiche sind in der Herstellung von OEM-Produkten kaum notwendig, so dass mehr Mittel für Forschung, Entwicklung und eine qualitativ hochwertige Fertigung bereitstehen. Auch die Kosten für die Produktion und Lagerung von Ersatzteilen fallen weg, da diese vom Händler bevorratet werden müssen.

Ein weiterer Vorteil für die Hersteller von OEM Produkten ist die Erweiterung des Marktes. Während ein Hersteller seine Produkte in Deutschland unter seinem Namen verkauft, kann er das baugleiche Produkt als OEM-Version über eine fremde Vertriebsfirma im Ausland verkaufen lassen und so Kosten für Transport, Zoll und zusätzliche Standorte einsparen.

Und der Verkäufer? Hier werden die Kosten für Entwicklung und Fertigung gesenkt oder komplett eingespart, was gerade bei aufwendigen, hochspezialisierten Produkten eine große Ersparnis bedeutet. Die Zeit bis zur Markteinführung wird ebenfalls deutlich verkürzt, da das Know-How mit den Produkten eingekauft wird. Die Ressourcen werden frei für Marketing und Vertrieb.

Für den Käufer dieser Waren ergibt sich ebenfalls ein Vorteil: Durch die immer größere Komplexität der Produkte, ist es nahezu unmöglich, die Entwicklung aller Komponenten mit einer gleichermaßen hohen Qualität zu gewährleisten. Einfacher und besser ist es, Know-How nach außen zu verlagern und die besten Komponenten in die eigene Entwicklung zu integrieren. Der Käufer bekommt so das gewünschte Produkt in optimaler Qualität.

 

Welche Nachteile hat OEM?

Bei der Herstellung von OEM-Produkten gibt es nicht nur Vorteile:

Durch die Verlagerung der Produktion von einzelnen Komponenten und wichtigen Modulen ergeben sich Abhängigkeiten, die tiefgreifende Auswirkungen haben können. Kommt es beim Zulieferer zu Problemen, betreffen diese auch den Verkäufer. Kommt es zu unbemerkten Fehlern in der Teileproduktion, werden diese auch im Endprodukt auftreten. Auch Lieferschwierigkeiten wirken sich massiv aus. Gerade in der Automobilindustrie ist eine starke Abhängigkeit von den Zulieferern entstanden, wird doch nur noch etwa ¼ des Automobils von dem Hersteller selbst produziert, bei den zugekauften Komponenten wird lediglich die Qualität vorgegeben und kontrolliert.

Auch für den Zulieferer hat diese Abhängigkeit Nachteile, wenn der Verkäufer des Endproduktes seine Waren nicht verkaufen kann. Eine Absatzschwäche trifft in diesem Fall mehrere Unternehmen. Auch die einseitige Ausrichtung auf nur einen OEM-Vertrieb führt zu Problemen, sollte dieser auf einen anderen Zulieferer umschwenken, um die Produkte günstiger einkaufen zu können.

 

Fazit

Das Prinzip OEM hat Vorteile: Qualität, Kosten, und Entwicklungszeiten werden für alle Beteiligten optimiert. Es funktioniert aber nur, wenn Zulieferer und Verkäufer in einem guten, partnerschaftlichen Verhältnis zusammenarbeiten, Produktionsvorgaben eingehalten und Qualitätskontrollen durchgeführt werden und auf eine langwierige, gleichberechtigte Zusammenarbeit gesetzt wird.

Über den Autor

Birgit Anacker

Nach ihrem Maschinenbaustudium arbeitet Birgit zunächst als Technikerin und CAD Consultant, bevor sie zu ihren Wurzeln als technische Redakteurin bei der Solidline zurückkehrt. Mit 20 Jahren Erfahrung im Bereich Design und Konstruktion schreibt sie zu allen Themen rund um SOLIDWORKS, 3DEXPERIENCE und PLM/PDM.

Nach ihrem Maschinenbaustudium arbeitet Birgit zunächst als Technikerin und CAD Consultant, bevor sie zu ihren Wurzeln als technische Redakteurin bei der Solidline zurückkehrt. Mit 20 Jahren Erfahrung im Bereich Design und Konstruktion schreibt sie zu allen Themen rund um SOLIDWORKS, 3DEXPERIENCE und PLM/PDM.

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