Vor(ur)teil: Smart Factory ist viel zu kompliziert

03.08.2022, Experten-Meinung

Smart Factory ist einer der Begriffe, die man im Moment immer mehr hört und liest. Auf einmal wollen – oder sollen – alle Betriebe „smart“ werden, und das ganz schnell – am besten sofort. Da kann man schon mal den Überblick verlieren, vor allem, wenn beim Einstieg in das Thema gleich von umfassender Vernetzung, Kontrollmechanismen, Cloud und IIoT die Rede ist. Das ist doch alles viel zu kompliziert! Ist es das wirklich? Fangen wir mal ganz klein an.

 

Was ist eigentlich dieses „Smart Factory“?

Wenn man im Internet nach dem Begriff „Smart Factory“ sucht findet man die folgende Erklärung:

„Die Smart Factory steht im Mittelpunkt der Industrie 4.0 und bezeichnet eine Produktionsumgebung, die sich selbst organisiert. Zur Produktionsumgebung gehören die Fertigungsanlagen und die Logistiksysteme. Der Mensch muss in den eigentlichen Produktionsprozess nicht mehr eingreifen.“

Nehmen wir diese Erklärung mal auseinander, um sie etwas besser verständlich zu machen.

 

Alles beginnt mit Industrie 4.0

Dieser Begriff ist schnell erklärt: Die industrielle Produktion soll umfassend digitalisiert werden, um für die Zukunft besser aufgestellt zu sein. Diese Erklärung sollte mittlerweile schon bekannt sein, da dieses Konzept schon eine Weile besteht. Wichtige Prinzipien hierbei sind:

  • Vernetzung: Die Verbindung von Maschinen, Geräten, Sensoren und Menschen miteinander und die Kommunikation miteinander. Das funktioniert zwischen Menschen über das Internet und bei Maschinen über IIoT.
  • Informationstransparenz: Jede Information steht immer überall zur Verfügung, wo sie benötigt wird.
  • Technische Assistenz: Mit Assistenzsystemen können schnellere Entscheidungen getroffen werden, um auftretende Probleme schnell zu lösen.
  • Dezentrale Entscheidungen: Ein wichtiger Punkt hierbei ist Autonomie im Bereich der maschinellen Fertigung. Wenn die Maschinen untereinander kommunizieren können, treffen sie unwichtige Entscheidungen selbst, erst bei Konflikten wird die nächsthöhere Instanz eingeschaltet.

Wenn man das alles zusammennimmt, entsteht in der Produktion schon eine Smart Factory, wenn die Prinzipien aus der Industrie 4.0 umgesetzt werden.

 

Aber das ist doch alles kompliziert!

Auch wenn die Prinzipien unternehmensweit umgesetzt, also horizontal integriert werden, ist der Anfang nicht so kompliziert, wie es im ersten Moment scheint.

Schauen wir uns den Bereich der Vernetzung an. In den meisten Firmen gibt es ein funktionierendes Internet. Wenn dieses genutzt wird, um Informationen zu Produkten, Projekten und Abläufen zu sammeln und zu steuern, ist ein großer Schritt erreicht. Helfen können dabei gemeinsam genutzte Plattformen. Damit sind die Menschen untereinander vernetzt, Datensilos werden aufgebrochen.

Im nächsten Schritt geht es um die Vernetzung der Maschinen. Die modernen Fertigungsmaschinen sind mit dem Internet verbunden, um Daten zu empfangen. Ein gutes Beispiel sind hierbei 3D-Drucker oder CNC-Maschinen, die direkt mit 3D-Modellen und Programmen „gefüttert“ werden um Produkte herzustellen. Einen Schritt weiter geht der Ansatz verschiedener IIoT-Lösungen: hier „sprechen“ die Maschinen, sie bekommen also nicht nur Daten, sondern geben auch Informationen zurück. So können Wartungsaufgaben gezielt angefordert werden oder bei Problemen und Störungen ein Techniker informiert werden. Das spart Zeit, Ressourcen und auch Geld.

Die Informationstransparenz geht mit dieser Vernetzung einher: jede benötigte Information steht jederzeit allen Beteiligten zur Verfügung. Es gibt keine Datensilos, keine Verzögerungen beim Datenaustausch. Hier spricht man auch von einer transparenten Fabrik. Diese ist der wohl wichtigste Schritt zur Smart Factory.

Bei der technischen Assistenz spielen Sensoren und intelligente Maschinen eine große Rolle. Auch hier ist die Bereitstellung von Informationen wieder der entscheidende Punkt. Ein Beispiel: ein Sensor an der Maschine registriert abweichende Temperaturen in einem Motor. In der Folge wird eine Information an ein Assistenzsystem geschickt, dass direkt eine Information an einen Wartungstechniker schickt. Dieser bekommt von diesem System alle benötigten Informationen zur Reparatur oder Austausch. Ein einfaches System, das bereits vielfach eingesetzt wird.

Hier sind wir auch schon bei den dezentralen Entscheidungen: Denn was die Maschine in diesem Moment getan hat, war die Entscheidung zu treffen, dass ein Eingreifen notwendig ist. Auf Basis zur Verfügung stehender Daten von unterschiedlichen Sensoren können Maschinen untereinander kommunizieren und eigenständig agieren. Wenn man dieses Prinzip außerhalb der reinen Wartung und Reparatur einsetzt, sondern auch in Fertigung und Montage, sind wir an dem Punkt, den der Begriff Smart Factory beschreibt. Ein Eingreifen in den Produktionsprozess ist nicht mehr notwendig.

 

So kompliziert ist es nicht

Es geht beim Umsetzen der Prinzipien nicht darum, alles auf einmal umzusetzen. In den meisten Firmen finden sich die ersten Ansätze zu einer Smart Factory, ohne dass es den Mitarbeitern bewusst ist. Im Endeffekt geht es darum:

Bestehende Prozesse hinterfragen, Transparenz herstellen, Abläufe vereinfachen.

So kompliziert ist es also nicht. Die meisten Firmen nutzen bereits Teile dieser Digitalisierungsstrategie in einigen Unternehmensbereichen, ohne es zu merken. Ein kontinuierlicher Prozess ist hier wichtiger als überstürztes Handeln. Und mit den passenden Werkzeugen wird es einfacher. In diesem Webinar finden Sie weitere Informationen zu den Möglichkeiten einer digitalen Fabrik mit den Lösungen aus der 3DEXPERIENCE Plattform.

 

Über den Autor

Birgit Anacker

Nach ihrem Maschinenbaustudium arbeitet Birgit zunächst als Technikerin und CAD Consultant, bevor sie zu ihren Wurzeln als technische Redakteurin bei der Solidline zurückkehrt. Mit 20 Jahren Erfahrung im Bereich Design und Konstruktion schreibt sie zu allen Themen rund um SOLIDWORKS, 3DEXPERIENCE und PLM/PDM.

Nach ihrem Maschinenbaustudium arbeitet Birgit zunächst als Technikerin und CAD Consultant, bevor sie zu ihren Wurzeln als technische Redakteurin bei der Solidline zurückkehrt. Mit 20 Jahren Erfahrung im Bereich Design und Konstruktion schreibt sie zu allen Themen rund um SOLIDWORKS, 3DEXPERIENCE und PLM/PDM.