Was ist eigentlich die Digitale Fabrik?

03.05.2022, Experten-Meinung

Wie man das Konzept der digitalen Fabrik im Mittelstand umsetzen kann

Wenn man Informationen über die Digitalisierung des Mittelstandes sucht, kommt man an dem Begriff der digitalen Fabrik nicht vorbei. Aber was ist eigentlich eine digitale Fabrik? Warum brauchen Unternehmen eine digitale Fabrik? Lohnt sich der Umstieg von einer analogen zu einer digitalen Strategie? Welche Bereiche des Unternehmens können digitalisiert werden? Welche Werkzeuge können den Einstieg in die digitale Fabrik erleichtern?

Das sind einige der Fragen, die wir hier klären wollen.

 

Was ist eine digitale Fabrik?

Der Begriff der digitalen Fabrik hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Wurde zu Anfang noch von einem Ansatz ausgegangen, der die Daten von einzelnen Produkten in den Fokus stellte, stehen mittlerweile ganze Prozesse im Mittelpunkt. Im Rahmen der VDI-Richtlinie 4499 Blatt 1:2008-02 ist von einem Modell zur „ganzheitliche Planung, Realisierung, Steuerung und laufenden Verbesserung aller wesentlichen Fabrikprozesse und -ressourcen in Verbindung mit dem Produkt“ die Rede.

Der Trend geht also weg von der Betrachtung einzelner Unternehmensbereiche, hin zu einem umfassenden Modell der Abläufe in der Produktentwicklung von der ersten Planung, über die Konstruktion und Fertigung bis zum Einsatz beim Kunden und abschließenden Recycling. Dieser Ansatz ist sinnvoll, da in jedem Unternehmen unterschiedliche Bereiche zusammenarbeiten müssen.

Je besser die Zusammenarbeit funktioniert, um so effizienter ist die komplette Produktentwicklung. Als Basis der Zusammenarbeit steht ein gemeinsam genutztes Datenmodell, so dass Änderungen sofort für alle Beteiligten verfügbar sind. Der Informationsfluss ist dabei keine Einbahnstraße, sondern funktioniert in alle Richtungen. Als Beispiel: die Konstruktionsabteilung liefert Informationen anhand von Modellen und Zeichnungen an die Fertigung und Montage. Sie bekommt aber auch Informationen aus diesen Abteilungen zurück, in Form von Änderungsmitteilungen und Statusberichten.

 

Warum brauchen Unternehmen die digitale Fabrik?

Das Ergebnis der optimierten Zusammenarbeit in einem Unternehmen ist ein ganzheitlich verbesserter Prozess: Bei der Planung neuer Produkte können Informationen zum Markt und individuelle Kundenwünsche an die Konstruktion weitergegeben werden, wo auf dieser Basis Modelle erstehen, Simulationen durchgeführt werden und Daten an Einkauf, Vertrieb, Marketing, Service und Fertigung ausgegeben werden. Von jedem der involvierten Unternehmensbereiche laufen Informationen zu den anderen, so dass bei einer Änderung sofort alle Bescheid wissen. So kann die komplette Produktion optimiert werden, was zu einer individuellen, effizienten Produktentwicklung führt.

 

Lohnt sich der Umstieg auf die digitale Strategie?

Kurz gesagt: Ja. In einer Umfrage von Gartner ist zu sehen, dass Unternehmen, die in der Corona -Pandemie einen digitalen Ansatz verfolgt haben, wesentlich besser durch diese Zeit gekommen sind als die, die es nicht getan haben. Hier war der Ansatz hauptsächlich das Arbeiten mit verteilten Standorten, die den Zugriff auf eine zentrale Datenbasis erforderlich machten. Bezieht man andere Faktoren mit ein, zeigen sich immer mehr Vorteile, in jedem Unternehmensbereich: Die stärkere Kommunikation mit dem Kunden während der Produktentwicklung begünstigt eine bessere Kundenbindung durch individualisierte Produkte. Die Zusammenarbeit von Konstruktion und Validierung mittels des digitalen Zwillings macht die Produkte sicherer, besser und günstiger. Die Fertigung und Montage haben mit vernetzten Maschinen Zugriff auf deren Daten und können die Produktion überwachen und optimieren. Einkauf und Vertrieb haben schnell Zugriff auf eigene Produktdaten und können effizient mit Partnern zusammenarbeiten. All diese Bereiche profitieren von einem digitalen Ansatz.

 

Mehr Transparenz & Effizienz in der Produktion

 

Was erleichtert den Einstieg in die digitale Fabrik?

Die Grundlage der digitalen Fabrik sind Daten. Sie geben vor, was in der digitalen Welt passiert und anschließend in die reale Welt übertragen werden soll. Das wichtigste Element, um die Digitalisierung voranzutreiben ist eine zentrale Datenverwaltung, zu der alle Unternehmensbereiche Zugang haben. Das bedeutet nicht, dass jeder Mitarbeiter alle Schritte der Produktentwicklung durchführen muss, sondern dass alle Daten und deren Änderungen in Echtzeit an allen relevanten Stellen zur Verfügung stehen. Über eine zentrale Plattform wie die 3DEXPERIENCE Plattform ist das möglich. Die Vermeidung von Datensilos und unnötigen manuellen Abläufen ist der zentrale Punkt in dieser Vorgehensweise.

Aber: es müssen nicht alle Unternehmensbereiche digitalisiert werden, und vor allem nicht gleichzeitig. Welche Prozesse digitalisiert werden, und in welcher Reihenfolge dies geschieht, ist je nach Unternehmen unterschiedlich. Um einen Bereich „smart“ und damit produktiver zu machen, können kleine Schritte ausreichend sein. So können Lösungen aus dem Bereich der Smart Factory helfen, die Produktion an entscheidenden Stellen zu optimieren, indem Abläufe, Maschinenpositionen und -steuerungen simuliert und optimiert werden.

Der wichtigste Schritt zu einer digitalen Fabrik ist die kritische Auseinandersetzung mit dem Status Quo. Denn nur mit dem Hinterfragen eingefahrener Prozesse können Routinen verändert werden, um die Produktivität zu steigern und wettbewerbsfähig zu bleiben. Sie sind in guter Gesellschaft: rund ein Drittel der mittelständischen Unternehmen planen oder diskutieren im Moment unterschiedliche Digitalisierungsstrategien in einem oder mehreren Bereichen.

Über den Autor

Birgit Anacker

Nach ihrem Maschinenbaustudium arbeitet Birgit zunächst als Technikerin und CAD Consultant, bevor sie zu ihren Wurzeln als technische Redakteurin bei der Solidline zurückkehrt. Mit 20 Jahren Erfahrung im Bereich Design und Konstruktion schreibt sie zu allen Themen rund um SOLIDWORKS, 3DEXPERIENCE und PLM/PDM.

Nach ihrem Maschinenbaustudium arbeitet Birgit zunächst als Technikerin und CAD Consultant, bevor sie zu ihren Wurzeln als technische Redakteurin bei der Solidline zurückkehrt. Mit 20 Jahren Erfahrung im Bereich Design und Konstruktion schreibt sie zu allen Themen rund um SOLIDWORKS, 3DEXPERIENCE und PLM/PDM.